Zu Beginn des Jahres 2025 möchten wir auf ein trauriges Ereignis in der Geschichte Walsums eingehen: Die Stadt verlor am 1. Januar 1975 ihre Selbständigkeit. Dieses Schicksal traf viele Städte in der Bundesrepublik Deutschland.

Walsum hatte am 1. April 1905 ihre Selbständigkeit erlangt – jedoch nicht als Stadt, sondern als selbständige Bürgermeisterei.

Die rasante industrielle und städtebauliche Entwicklung, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, führte bei den lokalen Politikern und der Bevölkerung zu dem Wunsch, die Stadtrechte zu erwerben. Walsum war zu Beginn der 1950er Jahre mit ungefähr 25.000 Einwohnern die größte Gemeinde Nordrhein-Westfalens. Am 31. Juli 1957 beschloss der Rat der Gemeinde, die bisherige Bezeichnung „Gemeinde“ aufzuheben und ihr die Bezeichnung „Stadt“ im Landkreis Dinslaken zu verleihen. Als Begründung führte er an: „Gemeinderat und Gemeindeverwaltung stehen auf dem Standpunkt, daß die Gemeinde Walsum nach Struktur, Siedlungsform, Gebietsumfang, Einwohnerzahl und anderen die soziale und kulturelle Eigenart der örtlichen Gemeinschaft bestimmenden Merkmalen tatsächlich städtisches Gepräge hat.“ Der Antrag hatte Erfolg: Am 1. Juli des folgenden Jahres – die Gemeinde zählte mittlerweile ca. 40.000 Einwohner – erhielt Walsum die Stadtrechte.

Doch die Stadt Walsum konnte sich nur kurze Zeit über ihre Stadtrechte freuen, da Mitte des nächsten Jahrzehnts Überlegungen zur kommunalen Gebietsreform aufkamen. Hintergrund war die Erkenntnis, dass die Gemeindestrukturen, die letztmalig im Jahr 1929 eine größere Reform erfahren hatten, nicht mehr zeitgemäß waren und dem Wandel der Gesellschaft Rechnung getragen werden müsse. Die Verwaltungskraft der Kreise und Gemeinden sollte durch die Schaffung größerer Strukturen gestärkt werden. Ziel war es, zukunftsfähige und leistungsstarke Kommunen zu schaffen, die eine bessere Versorgung und Infrastruktur gewährleisten sollten. Am Ende der Maßnahmen war die Zahl der Gemeinden in der Bundesrepublik von 24.357 um 65% auf 8.518 geschrumpft; gleichzeitig wurde bundesweit die Zahl der Kreise von 425 auf 235 und damit um 44,7% reduziert. Diese Reform hat, wie kaum eine andere in den 1960er und 70er Jahren, die politische Diskussion der Bundesrepublik Deutschland bestimmt.

Auch für das Land Nordrhein-Westfalen war die Gebietsreform ein epochales Ereignis von großer Tragweite, durch das die Verwaltungsstrukturen in den Verdichtungsräumen beträchtlich und im ländlichen Raum besonders stark mit der Schaffung neuer Flächengemeinden und Großkreise verändert wurden. Während es zu Beginn der Reform am 1. April 1967 insgesamt 2.334 Gemeinden (davon 37 kreisfreie Städte) gab, waren es nach Abschluss der Maßnahmen am 1. Juni 1976 noch 396 (davon 23 kreisfreie Städte). Die Zahl der amtsfreien Gemeinden sank von 455 auf 373, die 290 Ämter wurden alle aufgehoben. Die Anzahl der Kreise sank von 57 auf 31, die der Regierungsbezirke reduzierte sich um einen auf fünf. Gleichzeitig stieg die Einwohnerzahl pro Gemeinde im Durchschnitt von 3.800 auf 25.000.

Amtskette

In einer Beschreibung heißt es: „Die … Amtskette zeigt in ihrem aus Kännelkohle gearbeiteten und in Gold gefaßten Mittelstück das Johanniterkreuz. In den vier Kreuzwinkeln sind die Symbole der in Walsum ansässigen Industrie und der Landwirtschaft dargestellt. Das Halsstück der Kette ist aus Edelstahl gearbeitet und mit Hämatitsteinen belegt. Die Anhängerschlaufe trägt einen Brillanten.“

Die Reform hatte erhebliche Auswirkungen auf die junge Stadt Walsum. Aufgrund des „Ruhrgebiet-Gesetzes“ (Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Ruhrgebiet), das zum 1. Januar 1975 in Kraft trat, wurde die Stadt Duisburg mit den benachbarten Städten Homberg (Kreis Moers), Rheinhausen (Kreis Moers) und Walsum (Kreis Dinslaken) sowie der Gemeinde Rumeln-Kaldenhausen (Kreis Moers) zusammengeschlossen. Damit war die Stadt Duisburg neben Bochum die große Gewinnerin der Reform: Sie war nun eine kreisfreie Stadt mit sieben Stadtbezirken.

Die Schaffung der Stadtbezirke machte einerseits die Wahl von Bezirksvertretungen, andererseits die Einrichtung von Bezirksverwaltungsstellen notwendig. Letztere sollen für die Bewohner ortsnahe Verwaltungsaufgaben übernehmen und Außenstellen der städtischen Fachämter sein, zugleich aber Geschäftsstellen der jeweiligen Bezirksvertretung und Verbindungsstellen zur Hauptverwaltung.

Die Reform führte bei vielen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Politikerinnen und Politikern, zu Unmut, da bei der Neuordnung der Kreise sachliche Gründe im Vordergrund standen, Aspekte wie die geschichtliche Entwicklung oder konfessionelle Verbundenheit dagegen keine Rolle spielten. So hatten sich die Walsumer gegen die Eingemeindung nach Duisburg und aufgrund der langjährigen Verbundenheit mit Dinslaken für eine andere Lösung ausgesprochen. Doch die Politiker des Landes haben dies nicht berücksichtigt.

Neben diesem Zusammenschluss gab es noch einige Grenzberichtigungen zu den Nachbarstädten. Für Walsum bedeutete das einerseits die Abtretung des Ortsteils Eppinghoven an die Stadt Dinslaken, andererseits erhielt der nördlichste Stadtbezirk Duisburgs den westlichen Teil des Hamborner Ortsteils Fahrn (das „alte Fahrn“); der nördliche Teil Fahrns wurde dem Stadtteil Wehofen angegliedert. Der südliche und östliche Teil von Fahrn blieben unter dem neuen Namen Röttgersbach im Stadtbezirk Duisburg-Hamborn. Damit war am Ende der Reform Walsum mit seinen sechs Stadtteilen Aldenrade, Alt-Walsum, Fahrn, Overbruch, Vierlinden und Wehofen ein Stadtbezirk von Duisburg.

Auch wenn mittlerweile die Wogen geglättet sind, hat in Walsum – wie auch in anderen eingemeindeten Städten – niemand den Wunsch, diesen runden Geburtstag zu feiern.