Bis Ende des 19. Jahrhundert besaß die dörfliche Gemeinde Walsum keine Industrie. Dies änderte sich mit der Errichtung der Zellstoffwerke durch die Niederrheinische Zellstoff-Actien-Gesellschaft, die am 14. August 1897 in das Gesellschaftsregister eingetragen wurde. Doch der Anfang verlief sehr holprig.
Im April 1897 gab Landrat Hammacher bekannt, dass der Ingenieur Gotthold Cloß aus Düsseldorf beabsichtige, eine „Sulfit-Cellulose-Fabrik“ zu errichten. Diese sollte auf dem bisher landwirtschaftlich genutzten Gelände am Rhein, links des unteren Laufs des Brusbaches entstehen (Größe ca. 21.000 qm), das sich im Besitz von Julius Grillo befand. Die Fabrik sollte Holz zu Zellstoff verarbeiten. Gotthold Cloß war später einer der beiden Vorstandsmitglieder. Als Gründer wurden im Gesellschaftsregister neben der Firma C. G. Trinkaus in Düsseldorf vier einzelne Personen genannt, von denen der Kaufmann und Fabrikbesitzer Friedrich Grillo wohl die bekannteste ist.
Für Grillo war die Schaffung der Zellstoffindustrie in Walsum vorteilhaft, da diese den Absatz der flüssigen Säure garantierte, die in der Hamborner Zinkhütte als Nebenprodukt bei der Zinkherstellung aus Abgasen gewonnen wurde. Denn zur Herstellung der Zellulose ist u. a. schwefelige Säure notwendig. Deshalb wurde eine Schwefeldioxyd-Leitung zum Walsumer Werk gelegt.
Doch die Fertigstellung der Zellstofffabrik verzögerte sich, ohne dass die Gründe dafür genannt wurden. Im Dezember 1897 kündigte die Ruhrorter Zeitung an, dass das Werk im Frühjahr des kommenden Jahres in Betrieb gehen solle. Dieselbe Zeitung verlegte dann Mitte April 1898 den Betriebsbeginn auf spätestens Juni, die Rhein- und Ruhrzeitung sprach im Juni von einer Inbetriebnahme im Oktober. Im Dezember sprach die Ruhrorter Zeitung dann von „Zwischenfällen“, ohne diese zu benennen, und gab das Frühjahr 1899 als neuen Termin der Fertigstellung an. Der Betriebsbeginn erfolgte dann im Juni 1899 mit 300 Arbeitern.
Damit war das erste Industriewerk Walsums und des Kreises Dinslaken überhaupt in Betrieb gegangen. Und welche Dimension dieses Werk hatte, zeigte sich schon in der Bauphase, als die Ruhrorter Zeitung schwärmte: „Es entsteht ein wahrer Riesenbau.“ Als „Beleg“ führte die Zeitung an, dass nicht weniger als 30 große Fensteröffnungen entstünden. Und die Rhein- und Ruhrzeitung lobte in einem Artikel, dass Walsum der Fabrik „den ungemein großartigen Aufschwung, den es in sehr kurzer Zeit genommen hat,“ verdanke.
Doch es gab auch kritische Stimmen in der Bevölkerung. In einem Leserbrief in der Ruhrorter Zeitung von September 1900 werden ausführlich Kritikpunkte dargelegt, wie Belästigungen durch dichte Schwefelschwaden, Schäden an der Umwelt und Gesundheitsschäden der Arbeiter.
Verantwortlich wird die Fabrik gemacht, da diese die Konzessionsvorschriften nicht einhielte. Gefordert wurde ein Einschreiten der Gewerbeinspektion. Die Antwort der Fabrik ließ nicht lange auf sich warten. Sie ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie man auf sachlich vorgetragene Kritik nicht reagieren sollte, denn auf die einzelnen Punkte wird nicht eingegangen, ja, zum Teil sogar ins Lächerliche gezogen. Im Vordergrund der Ausführungen steht die Kritik des Firmenverantwortlichen, dass der Leserbriefschreiber anonym geblieben ist und weist hierbei mehrfach auf Zola im Dreyfus-Prozess hin. „Wir und alle Leser können es nur bedauern, daß der ‚Einsander‘ es vorzieht seinen Namen der Mit- und Nachwelt durch strenge Anonymität vorzuenthalten und damit aus der Rolle Zolas in die eines neapolitanischen bravi zu fallen, der aus Rachsucht und auf Bestellung im Dunkel der Nacht Leute überfällt und sich durch Maske und Radmantel der Verantwortung für seine Heldentaten entzieht.“ Am Ende vorenthält der Schreiber „unsere ganze Hochachtung“, solange, wie der Name unbekannt bleibt. In einer kurzen Passage, die in dem Schreiben fast untergeht, teilt er mit, dass das Unternehmen nun selbst die Gewerbebehörde eingeschaltet hat. Was daraus geworden ist, konnte bisher nicht ermittelt werden. Allerdings gab es von Seiten des „Leserbriefschreibers“ eine Antwort, aus der deutlich wurde, dass es sich hierbei nicht um eine Einzelperson, sondern um eine Gruppe handelte. Diese betonte, dass es ihr um die Sache gehe und „Zolacitate und sonstige Faseleien […] auf uns keinen Eindruck“ machen. Was aus dem Disput wurde, ist leider unbekannt.
Es waren jedoch andere Gründe, die die Besitzer dazu brachten, ihr Unternehmen zu veräußern. Obwohl die Lage günstig gewählt war – aufgrund der Nähe des Rheins konnte das Holz preisgünstig auf dem Wasserweg herbeigeschafft werden – gab es in den ersten Jahren erhebliche Probleme. So waren keine Lösch- und Verladeanlagen am Fluss errichtet worden, so dass die am Rhein vor Anker liegenden Schiffe von Laufbrücken in mühseliger Handarbeit ent- und beladen werden mussten. Da keine größeren Kapitalien zu Verfügung standen, konnten die technischen Mängel, welche Qualität und Produktionsmenge erheblich beeinflussten, nicht beseitigt werden. Hinzu kam, dass die Anlage für Grillo uninteressant geworden war: Trotz der Schwefeldioxyd-Leitung zwischen der Hamborner Zinkhütte und der Zellstofffabrik war die Herstellung der Kochlauge zu kostspielig. Deshalb wurde eine Schwefelverbrennungs- und Turmanlage auf dem Gelände errichtet, um die Kochlauge aufzubereiten.
Dies führte dazu, dass das Unternehmen mit Verlusten arbeitete. So heißt es im Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt- und Landbürgermeisterei Dinslaken für das Jahr 1900: „Der Betrieb der Cellulose-Fabrik der Niederrheinischen Zellstoffactiengesellschaft in Walsum kann noch nicht günstig gestaltet werden.“ Der Verlust des am 30. September 1900 zu Ende gegangenen Geschäftsjahres betrug 649.495 Mark und ein Jahr später bereits 1.114.206,59 Mark. Auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 13. September 1902 informierte der Vorstand über den Verlust von mehr als die Hälfte des Grundkapitals. Am 10. Juni 1903 wurde ein notarieller Vertrag geschlossen, den die Generalversammlung im folgenden Monat genehmigte. Demnach ging das Vermögen der Niederrheinischen Zellstoff-Actien-Gesellschaft als Ganzes an die Actiengesellschaft für Maschinenpapierfabrikation in Aschaffenburg, später: Aschaffenburger Zellstoffwerke AG, über.
Mit der Übernahme begann eine neue technische und kaufmännische Entwicklung. Es erfolgte eine gründliche Reorganisation des Werkes. So wurden unter anderem zwei Schwimmflöße mit Steiger für die Schiffsent- und -beladung errichtet und später eine dritte Ladestelle in Form eines Dampfkrans auf einem Kahn in Betrieb genommen. Daher ist es der Aschaffenburger Zellstoffwerke AG zu verdanken, dass aus dem Dorf Walsum eine Industriestadt wurde.
Im Zweiten Weltkrieg wurden ca. 72 Prozent des Werkes zerstört. Direkt nach dem Krieg baute das Unternehmen das Werk wieder auf und konnte bereits 1946 die Produktion wieder in bescheidenem Rahmen beginnen. Anfang der 1950er Jahre wurden 41.500 Tonnen Papierzellstoff erzeugt und 1954 war das Werk Walsum an der westdeutschen Gesamterzeugung in Zellstoff mit rund 8 bis 10 Prozent beteiligt.
Überraschend kam das Aus zum Jahresende 1963. Die Aschaffenburger Zellstoffwerke sahen sich gezwungen, das Werk wegen der starken skandinavischen Konkurrenz und der verschlechterten Finanzlage zu schließen. Dadurch verloren 700 Menschen ihren Arbeitsplatz. Später erwarb die Stadt die Fläche und ließ einen Großteil der Gebäude abreißen.
Gelegentlich wird behauptet, dass die Firma Haindl die Zellstoffwerke übernommen hat. Aber das ist nicht richtig. Denn die Haindl Papier GmbH (Augsburg) hatte bereits 1962 an der Rheinstraße, nordwestlich des Geländes der Aschaffenburger Zellstoffwerke AG, eine Fabrik für satiniertes Tiefdruckpapier errichtet. Später dehnte sie sich dann auf das ehemalige Gelände der Zellstofffabrik aus. Im Jahre 2001 übernahm das norwegische Unternehmen Norske Skog die Firma Haindl. Mitte 2015 wurde der Standort Walsum geschlossen. Im folgenden Jahr ging das komplette Firmengelände in den Besitz der Duisburger Hafen AG (duisport) über. Hier entsteht logport VI.