Als am 1. April 1905 die Landbürgermeisterei Walsum gegründet wurde, gab es kein Rathaus für die Verwaltung. Deshalb zog die Bürgermeisterei zunächst in den Römerhof. Nach mehreren Umzügen erhielt Walsum erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein eigenes Rathaus.
Bis zur Gründung der Landbürgermeisterei Walsum gehörten die Gemeinden Dinslaken, Hiesfeld und Walsum zum Bürgermeisterverband Dinslaken. Da sich ab Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr Industrie in Walsum ansiedelte, wie z. B. die Niederrheinische Zellstoff-Aktiengesellschaft (später: Aschaffenburger Zellstoffwerke AG) und der Hafen der Gutehoffnungshütte Oberhausen AG mit einer Anschlussbahn nach Sterkrade und Oberhausen, verschwand immer mehr das ländliche Gepräge des Ortes. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der drei Gemeinden, unter anderem bei den Industriezweigen, galt es als schwierig, die unterschiedlichen Interessen von ein und derselben Verwaltung für alle Einzelgemeinden zur Zufriedenheit aller vertreten zu können. So entstanden in Walsum und Hiesfeld der Wunsch, aus dem Bürgermeisterverband auszuscheiden, um selbständig zu werden.
Nachdem auf der Sitzung des Gemeinderates am 17. September 1903 ein entsprechender Antrag gestellt worden war, stimmte die Bürgermeistereiversammlung am 28. Oktober einstimmig dem Beschluss der beiden Gemeindevertretungen zu, den Verband zu verlassen. Der Minister des Innern bestimmte dann am 8. November 1904 durch Erlass, dass die Gemeinde Walsum zum 1. April 1905 aus dem Verband der Landbürgermeisterei Dinslaken auszuscheiden und für sich eine neue Landbürgermeisterei zu bilden hat. Die amtliche Nachricht vom 29. November 1904 löste in Walsum eine große Freude aus: Die Kirchenglocken läuteten, Böllerschüsse erfolgten und Fahnen wurden ausgehängt. Am Abend machten Feuerwehr und viele Bürger mit einem Musikkorps einen Fackelzug durch Walsum. In den Wirtschaften gab es Freibier für die Wirte und Bürger. Und die Ruhrorter Zeitung berichtete am 5. Dezember: „Die freude war so groß, daß man des Abends fackelte und am anderen Morgen wackelte …“
Nun stellte sich die Frage, wo das neue Bürgermeisteramt unterkommen sollte, da es kein eigenes Rathaus gab. Der Gast- und Landwirt Rudolf Claus bot an, in seinem neu errichteten Römerhof an der Ecke Römerstraße / Bahnhofstraße einige Räume zu vermieten. Eine Kommission erarbeitete mit ihm eine Vereinbarung über die Anmietung von vier Büroräumen zu einer Jahresmiete von 300 Mark, die genehmigt wurde. So zog die Bürgermeisterei ins erste Stockwerk des Römerhofes ein.
Doch hier blieben die Büros des Bürgermeisters nur bis Ende Oktober des folgenden Jahres. Nach Beschluss des Gemeinderates vom 15. Mai 1906 wurden die Diensträume des Bürgermeisters einschließlich Standesamt, der Gemeindekasse und Ortskrankenkasse in die obere Etage der Wirtschaft Borgmann, Rheinstraße 223, gegenüber der Zellstoff-Fabrik, verlegt. Ein Grund für die Änderung findet sich nicht. Später hieß es in der Presse, der Römerhof sei so unglücklich gelegen, dass man etwas Neues suchen musste.
Wahrscheinlich spielte bei diesem ersten Umzug der Bevölkerungszuwachs eine Rolle. Dadurch wurde die Administration größer und sie benötigte mehr Platz. Bald reichten auch die neu angemieteten Räume nicht mehr aus. Schon 1910 sollten die Etagen über dem Bürgermeisteramt zu Büros umgebaut werden und die dort lebenden Fabrikbeamten sollten umziehen.
Später wurden einzelne Ämter ausgelagert. So befanden sich zum Beispiel die Diensträume des Steuer- und Militär- sowie Vermessungsamtes ab dem 8. September 1913 in der Grafenstraße 14. In den folgenden Jahren wurde immer wieder nach Erweiterungsmöglichkeiten oder Anmietung weiterer Gebäude gesucht. Im Dezember 1916 findet sich in der Hamborner Volkszeitung eine Anzeige des Bürgermeisters, der zufolge die Gemeinde zur Unterbringung der Amtsräume ein geräumiges Haus oder mehrere in unmittelbarer Nähe gelegene Häuser zum Anmieten suche. Im folgenden Jahr wurde die Gemeinde fündig: Der Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung am 26. März 1917 einstimmig, alle Verwaltungsräume zu verlegen. Es wurden die Häuser Provinzialstraße 227 des Anstreichermeisters Isselmann und Provinzialstraße 237 (am Waldschlösschen) des Anstreichermeisters von Haaren angemietet. Der Umzug der Amtsräume erfolgte am Samstag, den 11. August 1917.
Die zunehmende Bevölkerung, die Erweiterung der Verwaltungsaufgaben und die Vergrößerung des Beamtenapparates führten dazu, dass auch diese Räumlichkeiten bald nicht mehr ausreichten. Man erwarb weitere Mieträume, wodurch die Verwaltung auseinandergerissen wurde, was den Geschäftsgang erschwerte. So befanden sich neben der Hauptverwaltung in der Provinzialstraße das Standesamt, das Kriminalamt und das Schulamt in anderen Privathäusern. Die Ortsteile Eppinghoven – bis zur Gebietsreform vom 1. Januar 1975 Teil von Walsum – und Wehofen hatten noch eigene Verwaltungsstellen. Mitte März 1925 wurde das Gebäude der Sparkasse, die zu dieser Zeit noch eine unselbständige Gemeindeeinrichtung war, an der Provinzialstraße (heute Friedrich-Ebert-Straße) fertig. In den Anbau zogen auch die Gemeindekasse und das Bau- und Vermessungsamt ein.
Um die einzelnen Verwaltungsstellen zusammenzuführen, befasste sich der Gemeinderat in den 1920er Jahren mehrmals mit dem Thema, ein Rathaus zu errichten. Es kam auch zu Entschlüssen für einen Bau, verwirklicht wurden diese aber aus finanziellen Gründen nicht. So heißt es in der Gemeinderatssitzung am 22. Oktober 1926, dass man der Ansicht sei, zunächst dringlichere Aufgaben durchzuführen, wie z. B. die Kanalisation der Provinzialstraße und der Dittfeldstraße sowie der Schulneubau in Vierlinden. Damit war, wie der Hamborner Generalanzeiger am 24. September 1927 schrieb, Walsum wohl die einzige preußische Gemeinde, die über kein eigenes Rathaus verfügt. Daran änderte sich auch in der Folgezeit nichts: „Walsum ist heute noch die Gemeinde ohne eigentliches Rathaus“ – schrieb die Rhein- und Ruhrzeitung am 26. August 1933. Und in einem amtlichen Schreiben der Landgemeinde Walsum vom 4. Februar 1938 heißt es: „Ein Rathaus besitzt sie nicht.“ Die gesamte Verwaltung – so heißt es dort weiter – sei in zwei Privathäusern mit 15 und 20 Räumen sowie einem in Eigentum der Gemeinde befindenen Kassengebäude, das zwei große Kassenräume und 16 kleinere und kleine Büroräume enthält, untergebracht.
Im Zweiten Weltkrieg wurden 18 Verwaltungsräume in der Provinzialstraße 227 zerstört und waren nicht mehr benutzbar. Ersatz fand man unter anderem in dem Anbau des Sparkassengebäudes. Dieses wurde immer mehr als Rathaus betrachtet: So wurden in der Sitzung der Gemeindevertretung vom 7. Oktober 1948, die übrigens im „Sitzungszimmer des Rathauses“ stattfand, 10.000 DM für die Winterfestmachung des Rathausneubaus bewilligt. Auch die Presse betrachtete dieses Gebäude immer mehr als Rathaus: „Walsums neues Rathaus ist bald fertig“ titelte am 2. März 1949 die Neue Ruhr Zeitung, und „Walsumer Rathaus ist bald bezugsfertig“ hieß es in der Westdeutschen Allgemeine am 20. August desselben Jahres. Dieselbe Zeitung schrieb allerdings Ende des Jahres: „… und zum anderen gibt es in Walsum kein Rathaus, sondern nur ein Gebäude der Gemeindeverwaltung!“
In der Folgezeit wurde der Anbau erweitert. Nach dem Auszug der Sparkasse im November 1959 wurde der alte Sparkassenbau zunächst aufgestockt, bis er Anfang der 1990er Jahre komplett abgerissen wurde. An seiner Stelle entstand das heutige Rathaus, in das die Beschäftigten des Bezirksamtes am 18. Dezember 1993 einzogen.