Der Anfang der Wacholderbrennerei in Alt-Walsum wird auf das Jahr 1715 datiert. Denn diese Jahreszahl findet sich auf dem Gebäude der Brennerei Claus, und diese Inschrift trug bereits das alte Bauwerk, das 1890 durch ein Feuer zerstört worden war.

Gründer und Erbauer des ursprünglichen Hauses waren die Eheleute Stephan Brinkmann (auch Alendick genannt) und seine Ehefrau Hendrina van Geßel. Brinkmann war seit 1693 Küster, Organist und Lehrer in Walsum und wohnte zuvor im Schulhaus, unmittelbar vor der Kirche. Da das Gebäude in einem Bungert (Obstgarten) errichtet wurde, hieß es zunächst „Bungerts Kate“. Dass man mit dem Brennen von „Wacholderwasser“ begann, liegt möglicherweise an der damaligen weiten Verbreitung des Wacholderstrauches am Niederrhein. Aufgrund starken Raubbaus mussten die Beeren später aus der Toskana bezogen werden.

Am 11. Januar 1799 kaufte Theodor Bienen das Wohnhaus und die dazu gehörende Branntweinbrennerei. Später erbte seine Tochter Helena die Kate. Sie heiratete 1813 Hermann Claus (1788 – 1864); von da an befand sich die Wacholderbrennerei im Besitz dieser Familie.

Einen Aufschwung erlebte das Geschäft durch den Enkel, Hermann Claus (1851 – 1914), der nach dem Brand des Hauses 1890 ein neues Gebäude mit Brennerei und Wirtschaftsgebäuden errichtete. Neben der beginnenden Industrialisierung der Region kam ihm zugute, dass er im Jahre 1900 zum Gemeindevorsteher gewählt wurde. Das neue Haus diente als Amtssitz und hier konzentrierte sich das Gemeindeleben, besonders bei offiziellen und feierlichen Anlässen weltlicher oder kirchlicher Art. Hier tagten unter anderem Vereine, die freiwillige Feuerwehr und Versicherungen; hier traf sich die gesamte Dorfgemeinschaft, sei es zum Stammtisch, zur gemütlichen Skatrunde oder zur geschäftlichen Aussprache.

Dass sich die Familie Claus von Schicksalsschlägen nicht abschrecken ließ, bewies auch dessen jüngster Sohn, ebenfalls Hermann (1901 – 1975). Dieser fand nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft den Besitz verwüstet und zerstört vor. Er machte sich an den Wiederaufbau und erneuerte die Anlagen, so dass das Geschäft bald wieder florierte. 1994 kam es jedoch zu einer gravierenden Änderung: Da der alte Kessel nicht mehr funktionierte, lagerte der damalige Besitzer, Theo Claus, die Produktion aus. In Walsum fanden nur noch das Mischen, Lagern und Abfüllen der Hausmarke statt.

Im März 2020, in der Zeit der Corona-Pandemie, schloss nach über 300 Jahren die Brennerei, die Walsum bekannt gemacht hat. Denn das Getränk wurde nicht nur in Walsum verzehrt, sondern an Gaststätten, Händler und Privatleute am Niederrhein und im Ruhrgebiet geliefert.